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Bericht vom Bundesparteitag der SPD in Hamburg

Veröffentlicht in Politik

Die SPD ist neu aufgestellt, unser Profil als linke Volkspartei in Deutschland geschärft und ein neues Grundsatzprogramm bei nur zwei Gegenstimmen verabschiedet. Das ist zunächst einmal die nüchterne Bilanz des dreitägigen Bundesparteitags der SPD im Hamburger Congress Centrum. Aus Rhein-Neckar waren Lars Castellucci, Carsten Gilbert, Rosa Grünstein, Stella Kirgiane-Efremidis, Stefan Rebmann und Gert Weisskirchen unter den Delegierten. Unter den Zuschauern fanden sich Bürgermeister Gerhard Greiner aus Neulußheim, der Schriesheimer Ortsvereinsvorsitzende Sebastian Cuny und Hannelore und Hans von Steht aus Sandhausen.

Vielleicht kann man die drei Tage mit zwei Begriffen einfangen, die von Kurt Beck und Erhard Eppler geprägt wurden. „Nah bei den Menschen“ – so soll die SPD Politik machen, das ist der Anspruch unseres Parteivorsitzenden. Kurt Beck ist nicht in erster Linie von einer bestimmten Mission getrieben. Und Politik ist in seinem Verständnis niemals Selbstzweck, der sich nur um sich selbst dreht. Politik hat konkrete Probleme der Menschen zu lösen. Und welche Probleme das sind, will er auch nicht vorgeben oder sich von Gutachtern erklären lassen. Nein, er hört zu. Und handelt. So kam es dann beispielsweise zur Kontroverse um die Verlängerung des Arbeitslosengelds I, die auf dem Parteitag kaum mehr eine war.

Verabschiedet wurde ein Gesamtpaket „Reformen für ein soziales Deutschland“, das unter anderem auch zusätzliches Geld für aktivierende Maßnahmen für ältere Arbeitslose vorsieht. Der Grundsatz „lieber Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“ gilt also weiter. Ob die zum Symbol gewordene Verlängerung des ALG I zum Dammbruch wird, der die Agenda 2010 fortschwemmt, wird die nähere Zukunft zeigen (s. hierzu die Äußerungen von Gerhard Schröder in Hamburg). Jedenfalls schienen die Delegierten ermuntert, auch im Bereich der Umweltpolitik und beim Thema Bahnprivatisierung klare Kante zu zeigen.

So wurden unter anderem ein Tempolimit von 130 km/h und ein Ende der Steuerprivilegien für Dienstwagen mit hohem Verbrauch beschlossen. Und nachdem Peter Conradi mit seinem Plädoyer, bei der Bahn überhaupt nichts zu ändern und nur eine neue Anleihe herauszugeben, großen Beifall im Plenum fand, ging der zuvor mit 95,5 Prozent gestärkte Vorsitzende selbst in die Bütt und legte einen neuen Verfahrensvorschlag vor. Der sieht nun eine breite Einbindung der Parteigremien bis hin zu einem möglichen Sonderparteitag vor, falls mit der CDU kein Konsens über das Volksaktienmodell zu erzielen wäre. Das ging dann durch.

Interessante Nebensache: Nachdem die ALG-I-Entscheidung fast an alte Basta-Zeiten erinnerte (nur dieses Mal „von links“) gab es hier dann ein klares Signal für mehr Beteiligung der Partei an zentralen politischen Weichenstellungen. Mal schauen, wie lange das hält und wohin es uns führt. Führung und Beteiligung sind jedenfalls keine Gegensätze, sondern verlangen eine gute Balance.

Das andere Stichwort heißt „Zukunftsfähigkeit“. „Wir wollen unser Land zukunftsfähig gestalten“ ist der Satz, den Erhard Eppler sagen will, sollte er gebeten werden, das Hamburger Programm in einem Satz auf den Punkt zu bringen. Zukunftsfähigkeit hat bei Eppler dann sehr viel damit zu tun, den Staat handlungsfähig zu erhalten. Kernbereiche der Daseinsvorsorge sollen weiterhin politisch gestaltbar sein. Eine Privatisierung der Bahn kommt da nicht in Frage, ebenso wenig wie der Wasserversorgung oder der (inneren) Sicherheit.

Besonders gut tat seine Bewertung des Grundsatzprogramms der CDU („von klugen Leuten geschrieben“). Auf der Grundlage deren Programmentwurfs könne „jede Politik vertreten werden oder auch ihr Gegenteil“. Eine Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung werde dort nicht einmal gesucht. Die Arbeit an einer gerechten, solidarischen Gesellschaft bliebe also der SPD überlassen, auch wenn die andere Seite die klassischen Grundwerte gerne im Mund führe. Wohl an, dann die Ärmel aufgekrempelt!

Das Ringen um Zukunftsfähigkeit prägte auch die weiteren inhaltlichen Debatten des Parteitags. In manchen Bereichen überschneiden sich Handlungsbedarf und Tauglichkeit für eine kraftvolle Auseinandersetzung im Wahljahr 2009. Hierzu gehört der Bereich „Gute Arbeit“. Ein Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro, Eingrenzung prekärer Beschäftigungsverhältnisse und gleicher Lohn für gleiche Arbeit sind wichtige Stichworte der verabschiedeten Konzeption.
Gute Arbeit, Einführung einer Bürgerversicherung und keine Verschleuderung von Volksvermögen bei der Deutschen Bahn – das dürften Konfliktpunkte im Superwahljahr werden, in denen das soziale Profil der SPD deutlich herausgestellt werden kann.

Lars Castellucci

 
 

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